E-Mail ans Christkind

„Denkst du noch daran, einen Wunschzettel an das Christkind zu malen?“ Noch während ich die Worte spreche, sehe ich entsetzt meine Mutter vor meinem inneren Auge, die mir zuraunt: „Siehst du, jetzt hat es dich auch erwischt!“ „Mama, ich hab‘ doch heute Morgen schon eine E-Mail an das Christkind geschrieben!“ entgegnet mein fünfjähriger Sohn mit vorwurfsvollem Ton. Und ob es mich erwischt hat. Klammheimlich, ohne Vorwarnung, wurde ich als geheimnisvoller Mittler zwischen Kind und seinem himmlischen Pendant wegrationalisiert. Von wegen heimliche konspirative Treffen mit dem göttlichen Kind, bei denen Informationen über den Verhaltenszustand des Nachwuchses im zur Neige gehenden Jahr gegen selbstgemalte Wunschlisten getauscht werden. Keine geheimnisvollen Telefonanrufe oder Briefe aus Engelskirchen. Doch abgesehen von der Tatsache, dass mein Sohn faktisch noch keine E-Mails schreiben kann: Was sagt dieser Satz aus? Dass er mich ertappt hat und weiß, wie es um das Christkind steht, das Spiel aber freundlicherweise mitspielt, um mich nicht zu verärgern? Oder zumindest, um die erwarteten Geschenke nicht zu gefährden? Denn eins ist klar: Ohne Christkind (wahlweise: ohne Weihnachtsmann) – keine Geschenke. Oder schlicht, dass er grade keine Lust hat, einen Wunschzettel zu malen? Lange muss ich mir darüber jedoch keine Gedanken machen. Denn am Heiligen Abend steht er mit leuchtenden Augen am Fenster und wartet auf das Christkind.
In diesem Sinne: Frohe Weihnachten und alles Gute für das neue Jahr!